Aufruf und offener Brief zur Situation der Teilautonomen Referate an der Uni Hamburg

Nachdem der Blog jetzt wieder geht – der Server war kaputt – poste ich schnell mal den aktuellen Aufruf zum Protest gegen die Politik des Hamburger AStAs:

Für eine unabhängige Vertretung und gegen Bevormundung – gegen die Abschaffung des Frauenreferates!

Teilautonome Referate sind schon seit über 20 Jahren Bestandteil der Strukturen der Verfassten Studierendenschaft. Der neue AStA plant nun massive Einschränkungen unserer unabhängigen Arbeit. Das Frauenreferat soll gar ganz abgeschafft werden.

Die Teilautonomen Referate setzen sich für benachteiligte Gruppen an der Universität ein. Sie sollen einen Raum darstellen, in dem es möglich ist, Diskriminierungen zu benennen und diesen gemeinsam entgegenzutreten – abseits der Dominanzen und Hierarchien der Mehrheitsgesellschaft, die sich auch im AStA widerspiegeln.

Derzeit existieren vier Teilautonome Referate im AStA:

  1. Frauenreferat
  2. Ausländerreferat
  3. LesBISchwulTranSM polymorph perverses Referat
  4. Interessengemeinschaft behinderter und chronisch kranker Studierender

Die Teilautonomen Referate sind den AStA-tragenden Listen ein Dorn im Auge. Da die ReferentInnen der Teilautonomen Referate von den jeweiligen Vollversammlungen gewählt werden, sind sie damit unabhängig von dem derzeitigen AStA (der sich hauptsächlich aus SPD- und FDP-NachwuchspolitikerInnen rekrutiert). Das passt dem AStA nicht und so hat er in den letzten Wochen alles unternommen, um die Handlungsfähigkeit dieser Referate einzuschränken. Im Haushalt plant der AStA eine Kürzung unserer Gelder um über 20.000 Euro (ein Drittel der Mittel, die uns derzeit zur Verfügung stehen). Gleichzeitig genehmigte der AStA-Vorstand sich und seinen Publikationen 19.000 Euro mehr. Eine Besetzungsaktion nahm der AStA zum Anlass, mehrere ReferentInnen für “abberufen” zu erklären. Auch ansonsten war er nicht zimperlich: Der Finanzreferent hinderte beim Campus Open Air einen Referenten mit Gewalt daran, eine Solidaritätserklärung für die Teilautonomen Referate zu
verteilen.

Zu guter Letzt möchte der AStA nun das Frauenreferat abschaffen, und so hat der Drei-Männer-AStA-Vorstand dieses Referat aufgelöst und in das Sozialreferat eingeordnet. Frauen seien keine “Minderheit” und bräuchten deshalb keine unabhängige Vertretung. Grund für die Teilautonomen Referate ist aber nicht allein deren Minderheitenstatus, sondern die strukturelle Benachteiligung, die die unterschiedlichen Gruppen bis heute erleben. Dies gibt der AStA in seiner Stellungnahme sogar zu.

Welchen Stellenwert Gleichberechtigung aber für den AStA-Vorsitzenden hat, zeigt sich schon in einer Äußerung des AStA-Vorsitzenden Benjamin Gildemeister gegenüber dem Abendblatt: Der Zustand der Gebäude, nicht aber “Geschlechtergerechtigkeit” sei ein “wirkliches Problem” an der Uni. Insofern benötigen wir eine unabhängige Vertretung dringender denn je!

Wir wollen uns diese Bevormundung nicht länger gefallen lassen!
Beschwert Euch beim AStA und kommt zur

Versammlung am Montag 23.6. um 16 Uhr in die T-Stube rauchfrei (Pferdestall, Allende Platz 1)

Sitzung des Studierendenparlamentes am Dienstag 24.6. um 19 Uhr in den Hörsaal der Erziehungswissenschaften und unterstützt uns dort

Das Institut für Queer Theory hat einen Offenen Brief zu Situation in Hamburg veröffentlicht:

Gegen die Abschaffung des Frauenreferats des AStA der Universität Hamburg

Mit der Auflösung des Frauenreferats sowie den Mittelkürzungen der teilautonomen Referate verschreibt sich der AStA der Universität Hamburg einer in doppelter Hinsicht anti-demokratischen Politik: Er betreibt – noch dazu mit autokratischen Methoden – Interessenpolitik, statt sein Mandat als Vertretung der gesamten Studierendenschaft aufzufassen. Und er untergräbt die politische Partizipation derjenigen, für die Selbstorganisation in teilautonomen Referaten Möglichkeiten der politischen, sozialen und kulturellen Artikulation und Partizipation darstellt, die ihnen aufgrund struktureller Benachteiligungen verwehrt oder erschwert ist.

Demokratische Politik ist nicht „Politik der Stärkeren“ oder Privilegiensicherung, sondern orientiert sich an gesellschaftlichem Interessenausgleich und sozialer Gerechtigkeit.

Gegen eine Politik, die auf die Herrschaft dominanter gesellschaftlicher Kräfte und die Festschreibung struktureller Ungleichheit setzt.

Für den Erhalt ressourcenstarker teilautonomer Referate.

Berlin, 20.06.08
Antke Engel, Institut für Queer Theory (Hamburg/Berlin)